In unserem Blog-Beitrag PpUGV 2022: Neues Jahr, neue Bereiche finden Sie alle aktuellen Meldebereiche der PpUGV. Außerdem verraten wir Ihnen, weshalb weiterhin Kritik an ihr besteht und welche Alternative seitens der Ampelkoalition erwogen wird.
Die PpUGV befindet sich seit dem 01.01.2019 in der Anwendung. Die im ersten Blog-Beitrag diskutierte Dokumentation in den Kliniken läuft inzwischen an. Abläufe müssen sich einspielen. Für unsere Kunden bieten wir zur PpUGV-Dokumentation Web-Seminare an, in welchen Sie sehen, wie die Dokumentation in unserer Software vorgenommen wird. Buchen Sie auf der Seite Support & Service Ihr Webinar.
Wie die Dokumentation umzusetzen ist, wird durch die (Achtung: Mammutwort!) Pflegepersonaluntergrenzen Nachweis-Vereinbarung, PpUG NV geregelt. Selbige wurde im Dialog zwischen dem GKV Spitzenverband und der Deutschen Krankenhausgesellschaft ausgearbeitet und Ende November 2018 verabschiedet.
Die SIEDA-Kunden werden die Erfassung über spezielle Eingabe-, Dokumentations- und Berichtswerkzeuge in der OC:Planner-Software durchführen.
Die komplette Verordnung können Sie en Detail hier nachlesen. Ich werde mich auf die wesentlichen Kernpunkte beschränken.
Diese sind:
Die Meldung der Einhaltung der Personaluntergrenzen wird als monatlicher Durchschnittswert ermittelt. Zusätzlich werden einmal pro Quartal auch die Anzahl der Schichten gemeldet, in welchen die Vorgaben der PpUGV nicht eingehalten wurden, aufgeschlüsselt nach Monat und Art der Schicht. Die Meldung erfolgt an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK).
Für den Nachweis der Pflegepersonalausstattung einer pflegesensitiven Station werden zunächst alle Pflegefachkräfte und alle Pflegehilfskräfte herangezogen, die in der entsprechenden Station tätig waren. Die durchschnittliche Personalausstattung ergibt sich aus der Summe der pro Schicht geleisteten Arbeitsstunden eines Kalendermonats geteilt durch die Anzahl der Stunden der Schichten nach PpUGV.
Zudem wird die max. Anzahl an Pflegehilfskräften berücksichtigt. Die folgende Beispielrechnung stellt diese Vorgehensweise vereinfacht dar:
Beispielstation, Schicht: | Geriatrie, Tagschicht |
PpUGV-Soll: | |
Pflegepersonal-Untergrenze (PpUGV): | 1:10 = 0,1 |
Max. Anteil an Pflegehilfskräften: | 20% (mind. 80% müssen also Pflegefachkräfte sein) |
Beispiel: | |
Belegung: | 30 Patienten |
Personalausstattung: | 2 Pflegefachkräfte, 2 Pflegehilfskräfte |
Vorgabe lt. PpUGV: | Die 2 Pflegefachkräfte müssen gem. PpUGV einen 80 %-Anteil der Gesamtzahl an Pflegekräften stellen. |
Die restlichen 20% dürfen durch Pflegehilfskräfte besetzt werden. | |
Wenn 80 % = 2 Pflegekräfte, dann sind 100 % = 2,5 Pflegkräfte | |
Für die Dokumentation sind die 2 Fachkräfte und 0,5 Pflegehilfskräfte relevant. Die weiteren 1,5 Pflegehilfskräfte werden in der Statistik nicht berücksichtigt. | |
Verhältnis Pflege/Patient: | 2,5 Pflegekräfte / 30 Patienten = 0,08 |
0,08 < 0,1 (lt. PpUGV). Damit läge eine Unterbesetzung vor.
Für die durchschnittliche Patientenbelegung pro Station wird der Mitternachtsbestand zugrunde gelegt. Die Summe der um 0:00 Uhr vollstationär auf deiner Station untergebrachten Patienten ist für die laufende Nachtschicht sowie für die darauffolgenden Tagschichten maßgeblich. Die Mitternachtsstatistik als Instrument ist in den Krankenhäusern bereits seit Jahrzehnten etabliert.
Trotzdem und besonders wegen der Intention der PpUGV (Versorgungsqualität) möchte ich diese Vorgehensweise hinterfragen. Eine solche Vorgehensweise sorgt nämlich dafür, dass viele Patienten erst gar nicht in der Statistik auftauchen.
Warum? Weil es durchaus üblich ist, dass Patienten erst nach Mitternacht auf die pflegesensitive Station kommen und diese bereits wieder vor der folgenden Mitternacht verlassen. Besonders, wenn man bedenkt, dass der Großteil der Operationen tagsüber stattfindet. Während bei der Personal-Besetzung zwischen Tag- und Nachtschicht unterschieden wird, passiert dies bei der Belegung nicht.
Zwei Beispiele zum Mitternachtsbestand:
Beispiel 1: Schwerer Autounfall um 23:30 h. Nach der Erstversorgung erfolgt die Intensiv-Aufnahme um 0:15 h. Der Patient verstirbt um 22:45 h. Das Intensivbett war an diesem Tag laut Statistik aber überhaupt nicht belegt.
Beispiel 2: Von der Intensivstation wird morgens um 9:00 h ein Patient, der zuvor bereits einige Tage auf Intensiv war, verlegt. Um 10:30 wird ein neuer Patient aus dem OP übernommen. Dieser Patient erholt sich schnell und wird bereits um 22:00 h auf die Normalstation verlegt. Aufnahme eines weiteren Patienten um 22:50 h. Die Bettbelegung an diesem Tag in der Statistik ist exakt 1, obwohl insgesamt 3 verschiedene Patienten betreut werden mussten. Es bleibt zwar bei einem einzigen belegten Bett, dennoch ist der Aufwand bei wechselnden Patienten und den variablen Versorgungsansprüchen durchaus höher einzustufen.
Die Mitternachtsstatistik vereinfacht zwar die Dokumentation, da nur einmal zu einem bestimmten Zeitpunkt die Belegung festgehalten wird. Allerdings kann die tägliche Belegung sehr wohl entscheidend höher sein. Dessen sollte man sich beim Blick auf die Statistik bewusst sein.
Die PpUG NV sagt ausdrücklich, dass Personalverlagerungen aus anderen Krankenhausbereichen unzulässig sind, wenn sie eine Verschlechterung der Versorgungsqualität in diesen Bereichen hervorrufen.
Diese Verschlechterung wird auch ganz konkret benannt: Unzulässige Personalverlagerungen sind laut PpUG NV gegeben, wenn sich die Anzahl der Pflegekräfte im Vergleich zum Vorjahr und im Verhältnis zu den Belegungszahlen um mehr als 3 % reduziert.
Das impliziert aber gleichzeitig, dass Verlagerungen von bis zu 3% zulässig sind. Was genau heißt das für die abgebende Station? Auch hier hilft ein Beispiel:
Beispielrechnung - Personalverlagerung:
Die Schicht einer nicht pflegesensitiven „Normal-Station“ ist immer mit 4 Pflegefachkräften und 2 Pflegehilfskräften besetzt.
- An 365 Arbeitstagen (AT), erbringen die Pflegekräfte insgesamt 2.190 AT
3 % von 2190 AT = 65,7 AT
Was wäre wenn?
- An 65 Tagen/in 65 Schichten wird eine Pflegekraft von der „Normalstation“ auf eine pflegeintensive Station „verlagert“, um die Personaleinsatzzahlen dort zu erhöhen.
- Die „verlagerte“ Pflegekraft ist eine Fachkraft.
- Folge gemäß PpUG-Nachweis Vereinbarung: Keine (da Verlagerung < 3%, s.o.)
Tatsächliche Folge für die Station:
- Der verbliebene Gesamtpersonalbestand der Station muss die entfallene Arbeitsleistung auffangen. Die verblieben Kollegen müssten die 65 fehlenden Schichten der weggefallenen Pflegekraft durch eigene Arbeitszeit, d.h. durch Mehrarbeit, kompensieren.
- Kann die verlagerte Pflegefachkraft in einzelnen Schichten nur durch eine Pflegehilfskraft ersetzt werden, so stiege die Pflegehilfskraft-Quote an diesen Tagen von 33 % auf 50 %.
Eine übermäßige Personalverlagerung wird durch die Vorgaben verhindert. Allerdings erfordert eine Kompensation die Mehrarbeit der verbliebenen Mitarbeiter und ggf. ist die „Normal-Station“ zwischendurch qualitativ schlechter besetzt.
Ein Aspekt der PpUGV bleibt weiterhin schwammig: Die Übermittlung der Daten erfolgt unter Bestätigung eines Wirtschaftsprüfers bzw. einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eines vereidigten Buchprüfers oder einer Buchprüfungsgesellschaft in Form einer elektronischen Kopie.
Hier ist immer noch nicht klar, wie diese Prüfung konkret erfolgen wird. Es bleibt abzuwarten, wie die Häuser das in der Praxis angehen werden. Ich bleibe am Ball und werde dieses Vorgehen beobachten. Sobald es hierzu Konkretes gibt, hören Sie von mir.
Sie können eine neue Tischdecke nicht aus der Verpackung holen und erwarten, dass Sie diese faltenfrei auf die Festtafel legen können. Da müssen Sie schon mit dem Bügeleisen ran. Haben Sie schon einmal eine riesige Tischdecke gebügelt?Am Ende ist es entscheidend, dass das Tischtuch nicht zerreißt und am Tisch gute Gespräche geführt werden, auch wenn noch einige Falten zu erkennen sind.
Damit der Dialog in Gange bleibt, muss die Tischdecke auch nach immer wiederkehrenden Waschgängen wieder ordentlich auf die – zugegebenermaßen - riesige Tafel gebracht werden. Es wird immer wieder Falten geben, die es auszubügeln gibt. Erst die Erfahrung wird hier Besserung schaffen. Lassen Sie uns einmal die ersten Feedbacks zur Umsetzung aus den Krankenhäusern und Kliniken abwarten.
Im Klartext: Es wurden durch die PpUGV und die nachfolgende Nachweis-Vereinbarungen Schritte in die richtige Richtung gemacht. Die Unterbindung der Personalverlagerung klingt vernünftig. Sie lässt immer noch eine gewisse Flexibilität zu – selbst wenn diese von der abgebenden Station getragen werden muss. Dies geschieht aber zumindest in festgesetzten, überschaubaren Grenzen.
Welche Überlegungen waren Grundlage zur Erstellung der PpUGV? Welche Fragen stellten sich dabei? Warum wurde die PpUGV durch den Gesetzgeber festlegt? Antworten auf diese Fragen finden Sie im ersten Blog-Beitrag zur PpUGV in diesem Blog.