Als behindert gelten Menschen, wenn ihre körperliche oder geistige Funktionsfähigkeit beziehungsweise seelische Gesundheit von der Gleichaltriger über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten abweicht.
Als Behinderung können unter anderem auch Bewegungsstörungen und Rheuma eingestuft werden. Auch Depressionen, Krebserkrankungen, Asthma sowie Tinnitus zählen dazu.
Als schwerbehindert gilt ein Mensch gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX ab einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 Prozent. Weitere Kriterien: Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt oder Beschäftigung in Deutschland.
Beeinträchtigte Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 30 bis 50 Prozent können schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sein.
Als Nachweis gilt der Gleichstellungsbescheid der Agentur für Arbeit.
Jedoch erhalten Gleichgestellte nicht den vollständigen Nachteilsausgleich von schwerbehinderten Arbeitnehmern. So haben sie keinen Anspruch auf Zusatzurlaub und Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Dennoch erhalten sie im Betrieb den besonderen Kündigungsschutz und eine weitere Interessenvertretung durch den Schwerbehindertenrat. Auch sind Fördermöglichkeiten über Integrationsämter oder örtliche Fürsorgestellen möglich.
Es ist ein gesellschaftspolitisches Ziel, Menschen mit Behinderung die gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft und am Arbeitsleben zu ermöglichen und Benachteiligungen zu vermeiden. Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) regelt deren Rechte und verhindert ihre Benachteiligung.
Zur Stärkung der Teilhabe wurde im Dezember 2016 das Bundesteilhabegesetz (BTHG) verabschiedet. Es tritt bis 2023 in vier Reformstufen in Kraft.
Schwerpunkt ist die Neufassung des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX), das unter anderem die Rechte behinderter Menschen in der Arbeitswelt regelt.
Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) soll eine Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen verhindern beziehungsweise beseitigen. Es gilt im Bereich des öffentlichen Rechts, jedoch nicht für die Privatwirtschaft.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das am 18. August 2006 in Kraft tat, stärkt den Schutz vor (arbeitsrechtlichen) Benachteiligungen. Es wird umgangssprachlich auch Antidiskriminierungsgesetz genannt.
Menschen mit Behinderung stehen gemäß § 4 SGB IX besondere Leistungen zu, um:
In § 151 SGB IX ist der Geltungsbereich zur Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen definiert. Diese genießen besondere Rechte, beispielsweise Zusatzurlaub oder das Recht, sich von Mehrarbeit befreien zu lassen.
Schwerbehinderte Menschen, die in Teilzeit arbeiten, können ihre Arbeitszeit befristet oder unbefristet reduzieren, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen der Art oder Schwere ihrer Behinderung notwendig ist (§ 164 Abs. 5 SGB IX).
Sind die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, kann der schwerbehinderte Mitarbeiter die Arbeitszeit unverzüglich verringern, ohne dass der Arbeitgeber zustimmen muss.
Strebt der Mitarbeiter eine befristete Reduzierung der Arbeitszeit an, kann der Arbeitgeber einen Nachweis darüber verlangen, dass mit einer Besserung des Gesundheitszustands des Mitarbeiters zu rechnen ist und er somit zur längeren Arbeitszeit zurückkehren wird.
Der Arbeitgeber darf die Reduzierung der Arbeitszeit verweigern:
Die gewünschte Verkürzung der Arbeitszeit kann für den Arbeitgeber
unzumutbar sein, wenn zum Beispiel:
Für schwerbehinderte Beschäftigte bestehen abweichende Regelungen bei Mehrarbeit und Schichtarbeit.
So sind sie auf ihren Wunsch hin von Mehrarbeit freizustellen (§ 207 SGB IX). Mehrarbeit ist die Arbeit, die über die gesetzliche Arbeitszeit von acht Stunden pro Tag nach dem Arbeitszeitgesetz hinausgeht.
Von Schichtarbeit sind schwerbehinderte Beschäftigte nicht generell befreit. Im Einzelfall können sie eine behinderungsgerechte Gestaltung der Arbeitszeit beanspruchen. Dies kann allerdings beinhalten, sie ganz oder teilweise von der Schichtarbeit auszuschließen (§ 164 Abs. 4 Nummer 4 SGB IX).
Arbeitnehmer, die für das komplette Kalenderjahr anerkannt schwerbehindert sind, haben Anspruch auf einen Zusatzurlaub von fünf Tagen bei einer Fünf-Tage-Woche (§ 208 Abs. 1 SGB IX). Die zusätzlichen Tage sind dem gesetzlichen oder tariflichen Urlaub hinzuzurechnen.
Liegt der Grad der Behinderung unter 50 Prozent oder ist der Arbeitnehmer Schwerbehinderten gleichgestellt, hat die Person keinen Anspruch auf Zusatzurlaub.
Wird
die Schwerbehinderung rückwirkend festgestellt, hat der Arbeitnehmer für jeden
vollen Monat, in dem die Schwerbehinderung besteht, Anspruch auf ein Zwölftel
des Zusatzurlaubs (§ 208 Abs. 2 SGB IX). Dies gilt ausschließlich für das letzte abgelaufene Kalenderjahr.
Schwerbehinderte Arbeitnehmer können mit 65 Jahren ohne Abzüge (wird Abschläge genannt) oder ab 62 Jahren mit Abschlägen in Rente gehen, wenn sie 1964 oder danach geboren sind.
Sind sie zwischen 1952 und 1963 geboren, können schwerbehinderte Arbeitnehmer bereits mit 60-62 Jahren in Rente gehen. Die Regelaltersgrenze für eine abschlagsfreie Rente erhöht sich dann schrittweise von 63 auf 65 Jahre.
Für jeden Monat, den schwerbehinderte Arbeitnehmer vorzeitig in Rente gehen, wird diesen 0,3 Prozent der Rente abgezogen. Dadurch kann sich ein maximaler Abschlag von 10,8 Prozent ergeben (max. 3 Jahre vor Erreichen der abschlagsfreien Regelaltersgrenze). Ein Abzug von der Rente bleibt dauerhaft bestehen, also auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze.
Voraussetzungen für die (vorzeitige) Rente von schwerbehinderten Arbeitnehmern sind:
Hier geht's zum Rentenbeginn- und Rentenhöhenrechner der Deutschen Rentenversicherung.
Die Dauer der Probezeit richtet sich für schwerbehinderte Mitarbeiter nach der jeweiligen vertraglichen Regelung.
Der besondere Kündigungsschutz gilt nicht in
den ersten sechs Beschäftigungsmonaten – auch wenn eine kürzere Probezeit
vereinbart wurde (§ 173 Abs. 1 SGB IX).
Schwerbehinderte Arbeitnehmer genießen besonderen Kündigungsschutz. Daher benötigen Arbeitgeber, die einem schwerbehinderten Mitarbeiter oder einem ihm gleichgestellten Mitarbeiter kündigen wollen, zumeist nach Antragstellung die Zustimmung des Integrationsamtes (§ 168 SGB IX).
Die Institution hat die Entscheidung innerhalb eines Monats vom Tag des Eingangs des Antrags zu treffen. Kommt es innerhalb dieser Frist nicht zu einer Entscheidung, gilt die Zustimmung zur ausgesprochenen Kündigung als erteilt (§ 171 Abs. 5 SGB IX).
Dem Integrationsamt muss eine Kündigung lediglich angezeigt werden, wenn:
Zwingend erforderlich sind bei Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung gemäß des neuen Bundesteilhabegesetzes BTHG (§ 178 Abs. 2 SGB IX) und des Betriebsrats (§ 102 BetrVG).
Ohne
die Stellungnahme beider Parteien ist eine ausgesprochene Kündigung – auch
während der Probezeit – unwirksam.
Bereits vor der Einstellung eines behinderten Mitarbeiters muss der potentielle Arbeitgeber bestimmte Pflichten erfüllen. Dazu zählen besondere Berücksichtigung beim Einstellungsverfahren, ein Benachteiligungsverbot und das Zahlen einer Ausgleichsabgabe, falls weniger als die vorgeschriebene Zahl behinderter Menschen im Betrieb eingestellt wurde.
Erhalten Arbeitgeber die Bewerbung eines Schwerbehinderten, müssen sie unmittelbar die Schwerbehindertenvertretung und den Betriebs- oderPersonalrat informieren (§ 164 SGB IX).
Gleiches gilt im Fall einer Absage an den Bewerber. Zudem sind der Schwerbehindertenvertretung, dem Betriebs- oder Personalrat die Gründe zu nennen.
Im Gegensatz zu privaten Arbeitgebern sind öffentliche Arbeitgeber verpflichtet, schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen und in besonderem Maße bei der Bewerberauswahl zu berücksichtigen – es sei denn, die fachliche Eignung fehlt (§ 165 SGB IX).
Ein Bewerber mit Schwerbehinderung ist generell nicht verpflichtet, seine gesundheitliche Beeinträchtigung bei der Bewerbung beziehungsweise im Vorstellungsgespräch anzugeben.
Der Arbeitgeber darf aufgrund des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) die Frage nach einer Schwerbehinderung im Vorstellungsgespräch nicht stellen. Stellt er die Frage dennoch, steht dem Bewerber das „Recht zur Lüge“ zu. Ein Bewerber muss sich allerdings offenbaren, wenn er erkennt, dass er aufgrund seiner Behinderung die von ihm geforderte Arbeit nicht oder nur eingeschränkt erbringen kann.
Arbeitgeber dürfen schwerbehinderte Mitarbeiter nicht aufgrund
ihrer Behinderung benachteiligen (§ 164 SGB IX). Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz regelt die dazu
geltenden Bestimmungen.
Ab fünf schwerbehinderten Beschäftigten muss gemäß Sozialgesetzbuch eine Schwerbehindertenvertretung gewählt werden. Diese besteht aus einer Vertrauensperson und einem oder mehreren Stellvertretern.
Die Schwerbehindertenvertretung vertritt die
besonderen Interessen von schwerbehinderten Beschäftigten (§ 177 ff. SGB IX).
Ebenso ist ein Inklusionsbeauftragter des Arbeitgebers zu bestimmen (§ 181 SGB IX) und es sind entsprechende Inklusionsvereinbarungen abzuschließen (§ 166 SGB IX).
Schwerbehinderte Personen haben Anspruch auf eine behinderungsgerechte Ausstattung des Arbeitsplatzes und Arbeitsumfelds (§164 SGB IX) – unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahren und der Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes. Die Leistungen werden unter Umständen auf Kosten des Integrationsamtes erstattet (§ 84 Abs. 1,SGB IX).
Schwerbehinderte Mitarbeiter sind bei inner- und
außerbetrieblichen Bildungsmaßnahmen bevorzugt zu berücksichtigen (§ 81 Abs. 4 SGB IX).
Arbeitgeber sind in Abhängigkeit von der Beschäftigtenzahl verpflichtet, eine bestimmte Anzahl von Menschen mit Schwerbehinderung zu beschäftigen.
Wer mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigt, muss mindestens fünf Prozent der Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Personen besetzen (§ 154 ff. SGB IX). Schwerbehinderte Frauen sind hierbei vorzuziehen.
Bei der Berechnung der Mitarbeiterzahl werden gemäß § 158 SGB IX nicht angerechnet:
Ein schwerbehinderter Auszubildender wird auf zwei Pflichtarbeitsplätze angerechnet.
Werden nicht ausreichend schwerbehinderte Personen beschäftigt, ist eine Ausgleichsabgabe an die Integrationsämter zu zahlen. Diese Zahlungen kommen Betrieben zugute, die Behinderte beschäftigen und denen dadurch zumeist höhere Kosten entstehen.
Für jeden Pflichtarbeitsplatz, der nicht mit einem Schwerbehinderten besetzt ist, muss ein Unternehmen gemäß § 160 SGB IX eine monatliche Ausgleichsabgabe zahlen:
Beschäftigungsquote von Schwerbehinderten | Ausgleichsabgabe |
---|---|
3 bis unter 5 Prozent | 125 Euro |
2 bis unter 3 Prozent | 220 Euro |
weniger als 2 Prozent | 320 Euro |
Arbeitgeber
sind zudem von der Ausgleichsabgabe befreit, wenn sie Aufträge an Werkstätten
vergeben, die Behinderte beschäftigen.
Arbeitgeber können für schwerbehinderte Angestellte oder ihnen gleichgestellte Arbeitnehmer Beratung und Förderung in Anspruch nehmen, wenn die betrieblichen Unterstützungsmöglichkeiten nicht ausreichen.
Auf Antrag sind Kostenübernahmen, Prämien und Zuschüsse von Integrationsämtern möglich für:
Schwerbehinderte Menschen haben ein Recht auf volle Kostenübernahme für eine Arbeitsassistenz, wenn die Notwendigkeit der Assistenz festgestellt wurde (§ 185 Absatz 5 SGB IX).
Behinderten Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf kann im Rahmen einer betrieblichen Qualifizierung und berufsbegleitend eine unterstützte Beschäftigung ermöglicht werden (§ 55 SGB IX).
Informationen zu organisatorischen, technischen und finanziellen Fragen – auch bereits bei drohender Behinderung eines Beschäftigten – erhalten Arbeitgeber bei Rehabilitationsträgern und Integrationsämtern.
Personen mit Behinderungen finden bei Sozialverbänden (zum Beispiel VdK Deutschland) Beratungs- und Unterstützungsangebote.
Das genaue Definieren von Diensten und Zusatzurlaub und die Einhaltung der Pausen- und Ruhezeiten ist im Fall von behinderten oder beeinträchtigten Mitarbeitern besonders wichtig. Umso besser, wenn der Dienstplan dies abbildet und darüber hinaus überall verfügbar ist. Kein Problem mit einem Online Dienstplan wie biduum®.
Aktuelle Wochen- oder Monatspläne können via Smartphone jederzeit und überall eingesehen, die Arbeitszeit erfasst oder eine Abwesenheit eingetragen werden.
Der Online-Dienstplan biduum® unterstützt Sie bei der Einhaltung der besonderen Schutzrechte, insbesondere bezüglich eventueller Zusatzurlaubstage. Er bildet nicht nur transparente und übersichtliche Wochen- und Monatspläne für Ihre Mitarbeiter ab, sondern berücksichtigt auch deren maximale Arbeitszeit. Wird diese überschritten, signalisiert biduum® dies mit einer Warnmeldung.
Zusatzurlaub und Arbeitszeit können Sie für behinderte oder beeinträchtigte Mitarbeiter individuell definieren.
Diese und viele weitere Funktionen können Sie gerne selbst ausprobieren:
Software zur Berechnung der Ausgleichsabgabe (Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.)
Zusatzurlaub bei Schwerbehinderung von Arbeitnehmern (Haufe.de)
Was bei der Kündigung Schwerbehinderter zu beachten ist (Haufe.de)
Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung (dgbrechtsschutz.de)
Im Alltag passiert es immer wieder, dass schwerbehinderte Mitarbeitende diskriminiert werden, in dem z.B. mobiles Arbeiten versagt wird, was aber gleichgestellte Mitarbeitende jederzeit in Anspruch nehmen dürfen. Auch die Gestaltung des Dienstplanes gestaltet sich sehr schwierig. Meine Frage ist einfach gewesen, ob Schwerbehinderte Personen bei z.B. Verteilung der mobilen Arbeitstage (öffentlicher Dienst) bevorzugt behandelt werden müssen. Beispiel ich möchte Montags ins mobile Arbeiten gehen, ein gleichgestellter Kollege möchte aber am gleichen Tag ins mobile Arbeiten gehen. Wer darf nun gehen? Meiner Meinung nach die Person, die ganz klar eine Schwerbehinderung hat mit Schwerbehindertenausweis. Leider fand ich hier nichts darüber. MfG
Kommentar von Holger Montag, Online Redakteur der SIEDA:
Gesetze wie das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sollen einer Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen vorbeugen. Gleichbehandlung betrifft aber auch nichtbehinderte Menschen. Rechtlich gesehen, gibt es also keine Grundlage für eine Priorisierung beim mobilen Arbeiten zugunsten von Schwerbehinderten. Es sei denn, die Präsenzarbeit benachteiligt diese - etwa weil der Zugang zur Arbeitsstätte nicht behindertengerecht gestaltet ist.