04. Mai 2021
Warum aber müssen Pflegekräfte in der Bundespressekonferenz aus ihrem Arbeitsalltag berichten, damit der Notstand in der Pflege ernst genommen wird?
Selten war eine Bundespressekonferenz so menschlich und eindrucksvoll. Dabei berichtete der Intensivkrankenpfleger Ricardo Lange lediglich über seinen Arbeitsalltag. Es war gerade diese "Normalität" der Darstellung seines Pflegeberufes und der Arbeitsbedingungen, die bei vielen Zuhörern ein Gefühl der Betroffenheit hinterließ. Zuweilen auch der Bedrücktheit.
Die Moderatoren Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf begleiteten kürzlich in einer über siebenstündigen Reportage die Fach-Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin Meike Ista einen Arbeitstag lang mit der Kamera. Millionen von Zuschauern folgten dem Beitrag, in dem auch viele andere Pflegekräfte zur Sprache kamen. Aus Interesse, Mitgefühl, Solidarität. Sicher wurde manchem dabei bewusst, wie komfortabel seine eigenen Arbeitsbedingungen sind.
Hier geht's zu unserem Blog-Beitrag Pflegenotstand 2021: Macht die Pflege endlich attraktiv!
Den meisten Menschen ist bewusst, dass Pflegejobs nicht nur anstrengend, sondern auch schlecht bezahlt sind. Doch erst die Schilderungen einzelner Pflegekräfte zeigen auf, wie belastend ihre Tätigkeiten sind. Aus diesem Grund twittern viele Pflegekräfte nach ihren Doppelschichten aus ihrem Berufsalltag, schreiben Blogs und Bücher, stellen dar, schildern Details. Es sind Hilfeschreie.
Schlechte Bezahlung und Überbelastung stehen ganz oben auf der Mängelliste der Pflegebranche. Jede dritte Pflegekraft verdient unterhalb der Niedriglohnschwelle von 2.203 Euro brutto. Und nimmt dafür Schichtdienste, Stress, unangenehme Tätigkeiten, körperliche und seelische Belastungen in Kauf. Plus die Angst, sich und die eigene Familie mit dem Corona-Virus anzustecken.
Viele dieser Missstände sind seit Jahren bekannt. Behoben wurden sie nicht. Auch im Wahljahr 2021 streiten sich Minister unterschiedlicher Parteien noch immer über Inhalt und Finanzierung längst überfälliger Reformmaßnahmen. Und entzweien die Pflegekräfte, indem sie nur einem Teil von ihnen einen Pflegebonus für die durch die Pandemie erschwerten Arbeitsbedingungen zahlen.
Nein, Pflege ist nicht sexy. Kein Wunder, dass nur noch jede fünfte ausgeschriebene Stelle überhaupt besetzt wird und die Betreiber von Krankenhäusern und Pflegeheimen sich untereinander die wenigen Fachkräfte abwerben. Der Pflegenotstand ist bereits da – und wird sich nach Corona noch verschlimmern, wenn den Diskussionen um bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne nicht bald Taten folgen.
Unser Blog-Beitrag Pflegenotstand 2021: Macht die Pflege endlich attraktiv! schildert die aktuelle Lage in der Pflege und hinterfragt deren Gründe, beleuchtet Umfragen und Prognosen, spiegelt Forderungen aus der Politik und zeigt Lösungsansätze wie Lohnerhöhungen, Fortbildungsmöglichkeiten oder die Definierung von Personaluntergrenzen auf.
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